„Wir schaffen das“ – dieser Satz der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel von 2015 klingt vielen noch heute in den Ohren. In dem Jahr waren mehr als eine Million Menschen aus den vom Krieg zerrissenen Ländern im Nahen und Mittleren Osten nach Deutschland gekommen. Das waren mehr Zuwanderer denn je. Immerhin: „Seither haben mehr Geflüchtete auf dem Arbeitsmarkt Fuß gefasst als oft wahrgenommen“, sagt Daniel Terzenbach. Das Vorstandsmitglied der Bundesagentur für Arbeit (BA) ist von der Regierung beauftragt, möglichst viele Flüchtlinge in Arbeit zu bringen.

Einbindung in den Arbeitsmarkt nähert sich dem deutschen Durchschnitt an

Aktuell, so Terzenbach weiter, haben schon fast zwei Drittel der 2015 nach Deutschland Geflüchteten einen festen Job – überwiegend sozialversicherungspflichtig und in Vollzeit. Damit nähere sich ihre Erwerbstätigenquote dem bundesdeutschen Durchschnitt, der bei 77 Prozent liegt. Von den geflüchteten Männern arbeiten sogar schon drei Viertel. Als Zwischenfazit stellt der BA-Vorstand fest: „Die Integrationspolitik hatte seit damals viel zu lernen, aber ganz falsch gelaufen ist es offensichtlich nicht.“

Nachholbedarf besteht allerdings zum Beispiel mit Blick auf geflüchtete Frauen: Von ihnen hat nur rund ein Drittel einen Arbeitsplatz. Das zeigt eine neue Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg, das zur BA gehört.

Dass es sich finanziell sofort rechnet, wenn ein Sozialstaat Geflüchteten helfen will, kann auch gar nicht erwartet werden. Dies gibt Professor Axel Plünnecke vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) zu bedenken. „Diese Menschen kommen zu uns, weil sie unsere Hilfe brauchen“, sagt der IW-Migrationsexperte. Das sei eben etwas ganz anderes als die dringend benötigte Zuwanderung qualifizierter Fachkräfte. Es zahle sich aber trotzdem aus, in die Bildung und Integration Geflüchteter zu investieren. „Schließlich verbessern sich dann die Teilhabechancen“, so Plünnecke. „Und wenn ein Teil dieser Menschen erwerbstätig wird, zahlen auch sie Steuern und Sozialversicherungsbeiträge.“

Insgesamt rund 2,2 Millionen Schutzsuchende lebten zum Jahresende 2023 in Deutschland. Das zeigen Zahlen des Statistischen Bundesamts. Hinzu kommen etwa eine Million Menschen aus der Ukraine, die seit dem Beginn von Wladimir Putins Angriffskrieg zu uns gekommen sind. Bei ihnen handelt es sich – anders als bei den 2015 Geflüchteten – vorwiegend um Frauen mit Kindern. Kein Wunder, dass ihnen der Weg in den Arbeitsmarkt deutlich schwerer fällt.

Der Arbeitsmarkt schwächelt – das trifft gerade auch die Geflüchteten

Bremsend wirkt natürlich die lange wirtschaftliche Flaute hierzulande. Sie schlägt inzwischen auch auf den Arbeitsmarkt durch. „Das macht sich zuerst bei Helferstellen und in der Zeitarbeit bemerkbar, die gerade auch für Geflüchtete eine wichtige Brücke in den Arbeitsmarkt sind“, so BA-Vorstand Terzenbach.

Gleichwohl – auf Dauer gesehen bleiben Arbeits- und Fachkräfte gesucht: Denn mehr als 15 Millionen Babyboomer – das sind die zwischen Ende der 1950er Jahre und 1970 Geborenen – erreichen in den nächsten Jahren das Rentenalter. Weil viel weniger junge Menschen nachrücken, schrumpft die Zahl der Erwerbsfähigen hierzulande rasant. Da helfen letztlich nur eine stärkere Erwerbsbeteiligung von Älteren und Frauen, ein höheres Rentenalter – und eben Zuwanderung.

Die Einbürgerung

  • Anders als bei Geflüchteten geht es bei qualifizierten Fachkräften aus dem Ausland oft auch bald um eine Einbürgerung.
  • Ab 27. Juni 2024 können Migranten bereits nach fünf Jahren Aufenthalt bei uns die deutsche Staatsbürgerschaft beantragen. Bisher gelten da acht Jahre.
  • Diese Frist kann für besonders engagierte Zuwanderer auf drei Jahre verkürzt werden.

Die Chancenkarte

  • Fachkräfte aus Nicht-EU-Ländern können jetzt mit der neuen „Chancenkarte“ nach Deutschland kommen, um dann hier Arbeit zu suchen.
  • Interessenten werden nach einem Punktesystem bewertet. Kriterien sind, nur zum Beispiel, Berufserfahrung und Englischkenntnisse.
  • Lesen Sie auf aktiv-online.de mehr zum Fachkräfteeinwanderungsgesetz.
Stephan Hochrebe
aktiv-Redakteur

Nach seiner Redakteursausbildung absolvierte Stephan Hochrebe das BWL-Studium an der Universität zu Köln. Zu aktiv kam er nach Stationen bei der Funke-Mediengruppe im Ruhrgebiet und Rundfunkstationen im Rheinland. Seine Themenschwerpunkte sind Industrie und Standort – und gern auch alles andere, was unser Land am Laufen hält. Davon, wie es aussieht, überzeugt er sich gern vor Ort – nicht zuletzt bei seiner Leidenschaft: dem Wandern.

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