Vor fünf Jahren entdeckt Rebecca Sommerfeld die alte Nähmaschine ihrer Mutter – und legt einfach mal los: Mithilfe von Youtube bringt sie sich das Nähen bei. Sie ändert Kleidungsstücke ab, erstellt eigene Schnittmuster. Bald folgt die erste Bewährungsprobe: Sommerfeld stellt sich mit einer selbst genähten Bluse beim Modehersteller Bugatti vor. Und bekommt die Chance, dort eine zweijährige Ausbildung zur Textil- und Modenäherin zu machen. Die schließt sie im Sommer 2023 ab – mit Bestnote!

„Ich habe wirklich etwas gefunden, worin ich vollkommen aufgehe. Kreativ zu sein ist eben mein Ding“, sagt die mittlerweile 24-Jährige, als aktiv sie bei Bugatti im ostwestfälischen Herford besucht. Für die Abschlussprüfung zur Näherin hat Sommerfeld einen Herrenmantel angefertigt: „Das war für mich das Kleidungsstück mit den meisten Verarbeitungstechniken bisher.“ Ihre herausragenden Leistungen während und zum Abschluss ihrer Ausbildung werden auch mit dem dritten Platz beim NEXT-Preis der Textilakademie 2023 belohnt.

In nur einem Jahr von der Modenäherin zur Schneiderin

Für die junge Modenäherin geht die berufliche Reise aber sofort weiter: Sie entscheidet sich, noch ein Jahr bei Bugatti dranzuhängen und die Zusatzausbildung zur Modeschneiderin zu machen. „In den ersten beiden Jahren haben wir das Handwerk des Nähens von Grund auf gelernt und perfektioniert“, erklärt sie, „jetzt steht vor allem das Qualitätswesen im Vordergrund.“

Im dritten Lehrjahr hat Sommerfeld daher gemeinsam mit ihrem Azubi-Kollegen Johannes Krohn die unterschiedlichsten Abteilungen im Unternehmen kennengelernt. Insbesondere das Kaufmännische, wie etwa der Kontakt zu Lieferanten, war für die Azubis neu: „Ich habe jetzt eine ganz andere Wertschätzung für ein gutes Kleidungsstück. Dahinter steckt so viel Aufwand!“

15 Stunden Zeit für das Kreieren und Nähen eines Damenmantels: Das war die Aufgabe bei der zweiten Abschlussprüfung

In ihrer zweiten Abschlussprüfung im Bereich Prototypen- und Serienfertigung ist es dann Sommerfelds Aufgabe, einen Damenmantel zu kreieren – und das in nur gut 15 Arbeitsstunden. Der Mantel wird auf dem Papier schnitttechnisch verändert und anschließend per Hand genäht. Da das neue Stück am Ende serienreif sein soll, müssen auch sämtliche Unterlagen angepasst werden. Eine Menge Arbeit: „Ich bin mit jeder Abteilung in Kontakt gekommen, habe mir im Einkauf den passenden Stoff rausgesucht, Schnittschablonen erstellt, Probeteile genäht. Auch die hauseigene Qualitätsprüfung gehört dazu.“

Eigenes Prüfzentrum für Stoffe und fertige Kleidungsstücke

Bugatti beschäftigt in Herford rund 240 Menschen. 40 von ihnen arbeiten in der Produktion, also in der Nähwerkstatt, in der auch Sommerfeld gelernt hat. Mit dazu gehört auch ein hauseigenes Prüfzentrum: Dort werden eingekaufte Stoffe wie auch fertige Kleidungsstücke auf Qualität und Haltbarkeit getestet. In der Werkstatt sind übrigens gerade auch die extrem dehnbaren Pikeur-Reithosen der deutschen Reit-Equipe für Olympia in Paris genäht worden. Wie es für Rebecca Sommerfeld nach ihrem zweiten Ausbildungsabschluss weitergeht, ist derzeit noch offen – bei Bugatti würde man sie natürlich gerne behalten. Wobei die junge Frau auf Dauer große Pläne hat: „Ich träume von einem eigenen Nähatelier.“

Für das kommende Ausbildungsjahr werden bei Bugatti noch junge Menschen gesucht, die wie Sommerfeld ihre Leidenschaft zum Beruf machen möchten. Jedes Jahr starten hier zwei bis drei Azubis in der Nähwerkstatt.

Übrigens: Der NEXT-Preis geht in die nächste Runde! Bis zum 4. Oktober 2024 können sich Absolventinnen und Absolventen für die Auszeichnung als beste Nachwuchskraft der Textil- und Bekleidungsindustrie Nordwestdeutschlands bewerben. Mehr Infos dazu gibt es unter textilakademie.de/wettbewerb

Nadine Keuthen
aktiv-Redakteurin

Nadine Keuthen stürzt sich bei aktiv gerne auf Themen aus der Welt der Wissenschaft und Forschung. Die Begeisterung dafür haben ihr Masterstudium Technik- und Innovationskommunikation und ihre Zeit beim Kinderradio geweckt. Zuvor wurde sie an der Hochschule Macromedia als Journalistin ausgebildet und arbeitete im Lokalfunk und in der Sportberichterstattung. Sobald die Sonne scheint, ist Nadine mit dem Camper unterwegs und schnürt die Wanderschuhe. 

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