Die Mobilität soll klimaneutral werden. Bei Autos wie bei Brummis. Auch bei Lastwagen baut die EU deshalb auf den Elektroantrieb. Schon im nächsten Jahr sollen die Klimagas-Emissionen neu verkaufter Trucks um 15 Prozent gegenüber 2019 sinken, 2030 dann bereits um ein Drittel.

Die Hersteller setzen dafür auf Batterie-Trucks und wollen bis 2025 in Europa und Nordamerika 60 Modelle auf den Markt bringen. Trotz der schweren Akkupacks, die deren Nutzlast verringern. Denn die Wasserstoff-Trucks, die wegen der größeren Reichweite und schnellen Betankung besser geeignet wären, sind bisher nicht über Pilotanwendungen hinausgekommen.

Daher wird der Roll-out der Batterie-Trucks jetzt starten. Aber Nutzfahrzeug-Experten wie Philipp Radtke von der Unternehmensberatung McKinsey mahnen an, dass an den notwendigen Voraussetzungen gearbeitet werden muss.

Ohne E-Fuels wird die Mobilität in Zukunft nicht gehen

Denn Elektro-Trucks kosten dreimal so viel wie Diesel-Fahrzeuge. Förderung gibt es hierzulande aktuell nicht mehr. Seit der Energiekrise ist zudem der Preisvorteil von Strom gegenüber dem Diesel wieder weg. Und die Lade-Infrastruktur an den Autobahnen fehlt noch.

Stärker als beim Massenmarkt Pkw entwickelt sich deshalb bei Lastwagen die Debatte über künstliche Kraftstoffe. „Wir müssen auch andere Technologien in den Blick nehmen, E-Fuels zum Beispiel“, sagt Experte Radtke. Der Autoherstellerverband VDA plädiert ebenfalls für einen „technologieoffenen Ansatz“. Mit E-Fuels können künftig alte Trucks klimaschonend fahren. Zudem werden die Treibstoffe für Bau- und Landmaschinen gebraucht wie etwa Mähdrescher, deren Motoren das Fahrzeug plus Schneidwerk und weitere Technik antreiben. Unerlässlich sind sie für Passagierflugzeuge und Schiffe.

Was Sie zu Antrieben und Treibstoffen für Lkws der Zukunft wissen müssen, lesen Sie hier.

Batterie-Trucks: Der Preis und das fehlende Ladenetz sind noch Herausforderungen

Die Batterie-Laster rollen an. Die Messe IAA Transportation demnächst in Hannover dürfte den Startschuss für eine neue Zeit im Lastverkehr geben. Auch wenn diese E-Lkws einen schweren Akkupack mitschleppen – viele Hersteller wollen mit ihnen in den klimaschonenden Schwerverkehr einsteigen, berichtet Nutzfahrzeug-Experte Philipp Radtke von McKinsey in München. „Bis 2025 kommen in Europa und Nordamerika 60 batterieelektrische Trucks auf den Markt oder in die Produktion.“

Mercedes-Benz etwa geht mit dem batterieelektrischen eActros 600 ins Rennen. Er soll „langfristig die Mehrheit der Diesel-Lkws“ ablösen. Er schafft 500 Kilometer Strecke ohne Ladestopp, mit Zwischenladen und Pause für den Fahrer über 1.000  Kilometer. Und er schleppt bis zu 22  Tonnen Nutzlast.

Auch MAN, Volvo, Renault, DAF und Tesla setzen auf den Batterie-Lkw. Denn der Wasserstoff-Truck kommt kaum voran, und die Hersteller stehen unter Druck: Schon nächstes Jahr, so schreibt die EU vor, sollen 15  Prozent der neu zugelassenen Laster und Busse emissionsarm sein, 2030 dann bereits 30  Prozent. Werden die Quoten nicht erreicht, drohen hohe Strafzahlungen.

Elektro-Trucks: Sie kosten 250.000 bis 300.000 Euro, drei mal so viel wie Diesel-Trucks

Rund 220 Milliarden Euro investieren deutsche Autohersteller zwischen 2022 und 2026 weltweit in Forschung und Entwicklung, vor allem in die E-Mobilität inklusive Batterietechnik und in die Digitalisierung. Auch ihre Wettbewerber stemmen Riesensummen. Und doch gibt es Zweifel, ob den Autobauern die Wende gelingt, sagt Experte Radtke.

Denn die Elektro-Trucks, mit deren Perspektiven sich auch der Technologie-Verband VDE beschäftigt hat, schleppen zwei Herausforderungen mit sich. Zum einen fehlt noch die Lade-Infrastruktur, zum anderen sind die Lkws mit Preisen von 250.000  bis 300.000 Euro dreimal so teuer wie Diesel-Trucks. Doch in diesem Jahr hat die Bundesregierung die Förderung der Fahrzeuge eingestellt. „Dabei bräuchten wir sie dringend, bis die Stückzahlen steigen“, moniert Professor Achim Kampker, E-Mobilitäts-Experte der Universität RWTH Aachen. „Denn die Speditionen arbeiten mit extrem geringen Margen.“

Batterie-Trucks: Erste Ladehöfe an Autobahnen werden gebaut

Berlin fördert die Trucks jetzt nur über einen ermäßigten Klimagas-Aufschlag bei der Lkw-Maut. Zudem gibt es Fördergeld für die Lade-Infrastruktur. Die E-Trucks mit ihren Riesenbatterien brauchen stärkere Ladeleistungen als E-Autos. „Für ein Minimalnetz in Zentraleuropa wären 300 bis 400 Ladehöfe mit je fünf bis zehn Ladesäulen nötig“, sagt McKinsey-Experte Radtke. „Bis 2030 sind in Europa 10 Milliarden Euro zu investieren.“

Erste Stationen werden gebaut. Milence, eine Firma von Daimler, Traton und Volvo, will ein Netz einrichten. Und startet damit in Sachsen-Anhalt und Thüringen. Aral hat unter dem Markennamen „Pulse“ losgelegt. Die Mobilitätswende im Lastverkehr nimmt Fahrt auf.

Wasserstoff-Lkws: Bisher meist nur in Pilotprojekten auf der Straße

Es klingt zu schön, um wahr zu sein: Lkws, die mit grünem Wasserstoff (H2) fahren, pusten null Klimagase in die Luft – und haben noch dazu eine sagenhafte Reichweite! Auf der Straße scheiden die Fahrzeuge nur Wasser aus. Wird das Wasserstoff-Gas mit „grünem“ Strom produziert, entsteht auch dabei kein CO2. Noch dazu fahren von einer Brennstoffzelle angetriebene Lkws mit einer Tankfüllung Wasserstoff – Stand heute – deutlich weiter als ihre batteriebetriebenen Pendants.

So verlockend die Möglichkeiten sind, so trist ist aktuell noch die Realität beim Wasserstoff-Lkw. Laut den neuesten Daten des European Alternative Fuel Observatory sind derzeit nur rund 140  Exemplare auf Europas Straßen unterwegs. „Und das fast ausschließlich in Pilotprojekten“, sagt Philipp Radtke von McKinsey. Dafür gibt es vor allem drei Gründe:

  • Die Technologie der Brennstoffzelle: „Sie erzeugt mit Wasserstoff den Strom für die E-Motoren und ist noch komplexer als die Batterietechnologie“, erklärt Radtke. Speziell in einem Fahrzeug, das jedem Klima trotzen muss, tue sie sich noch schwer. Zudem brauchen auch H2-Fahrzeuge eine kleine Batterie als Ergänzung, sagt Professor Achim Kampker, Experte für Elektro-Antriebe der RWTH Aachen: „Die Brennstoffzelle mag ständiges Beschleunigen und Abbremsen nicht.“ Der häufige Wechsel schade ihr. Die Batterie könne das abfedern.
  • Die Infrastruktur: Aktuell gibt es nur sehr wenige H2-Ladesäulen. Unklar ist, wer das Angebot ausbaut – und wann.
  • Verfügbarkeit und Kosten: Wasserstoff benötigen außer den Logistikern auch andere Branchen – darunter sehr energieintensive. „Allein ein Stahlwerk braucht so viel Wasserstoff wie alle Lkw-Verkehre in Europa zusammen“, sagt Radtke. Bis das schmale Angebot mit der riesigen Nachfrage mithalten kann, könnten viele Jahre vergehen. Und das spiegelt sich im Preis.

Trotzdem ist der Traum vom emissionsfreien H2-Lkw nicht ausgeträumt. Hoffnung macht jetzt – ausgerechnet – der Verbrennungsmotor! Gerade hat Volvo Trucks angekündigt, nach DAF und MAN nun auch Lkws zu entwickeln, die mit Wasserstoff-Verbrennung fahren können. Straßentests sollen 2026 starten.

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E-Fuels und HVO: Künstliche Kraftstoffe sollen das Klima schonen

Mit Ökostrom Sprit erzeugen und damit Autos antreiben – das ist eine verlockende Lösung! Ab 2026 sollen die Rennwagen der Formel 1 mit solchen E-Fuels fahren und so zeigen, dass das geht. Aber: Mit Ökostrom und CO2 synthetische Treibstoffe herzustellen, erfordert viel Energie! Dafür wird zunächst mit Grünstrom per Elektrolyse aus Wasser Sauerstoff und Wasserstoff erzeugt. Mit dem so gewonnenen Wasserstoff sowie CO2 aus der Atmosphäre oder aus Verbrennungsabgasen stellt man dann in weiteren Schritten einen nahezu klimaneutralen Kraftstoff her. Deshalb kann man mit einem Drei-Megawatt-Windrad 1.600  Batterie-Autos ein Jahr lang betreiben, aber nur E-Fuels für 250  Verbrenner-Pkws liefern, berichtet der Technologie-Verband VDE.

E-­Fuels gewinnt man daher am besten da, wo es Sonne oder Wind im Übermaß gibt. Porsche macht das in einer Pilotanlage im windreichen Süden Chiles. 130.000 Liter erzeugt sie im Jahr, für 2026 sind 55 Millionen Liter anvisiert. Der saudische Ölkonzern Aramco plant Versuchsanlagen in Saudi-Arabien und Spanien.

Noch ist der Kunstsprit drei- bis fünfmal so teuer wie Benzin oder Diesel, berichtet Autoexperte Philipp Radtke von der Beratungsfirma McKinsey. „Damit E-Fuels eine Alternative werden können, müssten die Kosten auf maximal den anderthalbfachen Preis von Diesel heruntergebracht werden.“ Das wäre wichtig. Denn Passagierflieger, Schiffe, Land- und Baumaschinen bleiben auf flüssigen Treibstoff angewiesen. So wie viele alte Trucks.

Diesel-Ersatz HVO: 2030 produziert Europa davon 15,5 Millionen Tonnen

Eine Alternative ist der Diesel-Ersatz HVO. „Den erzeugt man, indem man altes Speiseöl oder Schlachtabfälle mit Wasserstoff zur Reaktion bringt“, erklärt Professor Thomas Willner von der Hochschule HAW in Hamburg. HVO, von englisch „Hydrotreated Vegetable Oil“, verringert den CO2-Ausstoß um bis zu 90  Prozent gegenüber Diesel.

Die Unternehmen Neste (Finnland), Eni (Italien), Repsol (Spanien) und Total (Frankreich) produzieren schon viel HVO. Die Kapazitäten in Europa sollen von jetzt 4 Millionen Tonnen bis 2030 auf 15,5 Millionen Tonnen steigen. Willner hält mehr für möglich. Sein Team hat ein Verfahren enwickelt, mit dem sich aus Plastikmüll synthetischer Kraftstoff wie HVO gewinnen lässt. Aktuell arbeitet das Team an einer Anlage im Produktionsmaßstab.

Hans Joachim Wolter
aktiv-Redakteur

Hans Joachim Wolter schreibt bei aktiv vor allem über Klimaschutz, Energiewende, Umwelt, Produktinnovationen sowie die Pharma- und Chemie-Industrie. Der studierte Apotheker und Journalist begann bei der Tageszeitung „Rheinpfalz“ in Ludwigshafen und wechselte dann zu einem Chemie-Fachmagazin in Frankfurt. Wenn er nicht im Internet nach Fakten gräbt, entspannt er bei Jazz-Musik, Fußballübertragungen oder in Kunstausstellungen.

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Michael Aust
aktiv-Redakteur

Michael Aust berichtet bei aktiv als Reporter aus Betrieben und schreibt über Wirtschafts- und Verbraucherthemen. Nach seinem Germanistikstudium absolvierte er die Deutsche Journalistenschule, bevor er als Redakteur für den „Kölner Stadt-Anzeiger“ und Mitarbeiter-Magazine diverser Unternehmen arbeitete. Privat spielt er Piano in einer Jazz-Band. 

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