Garching. Ein Bein in der Forschung, ein Bein in der Praxis. Für Sarah Braun ist das kein anstrengender Spagat, sondern ein solider Stand. Denn beides zusammen ergibt eine gute Grundlage für ihren Job: Die junge Frau aus Passau ist Research Scientist für Automatisierung im Technologiekonzern Siemens. Am neu eröffneten Siemens Technology Center (STC) in Garching betreibt die 30-jährige promovierte Elektrotechnikerin Spitzenforschung „made in Germany“.

Hier, auf dem Campus im Norden von München, bündelt der Konzern seine zentralen Forschungsaktivitäten in Deutschland. 450 Mitarbeitende arbeiten dort aktuell mit 150 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Technischen Universität München (TUM) zusammen. Bis 2027 sollen weitere 600 Spezialisten hinzukommen.

„Hier herrscht Aufbruchstimmung“, beschreibt Sarah Braun den Spirit am Standort. Garching ist so etwas wie ihr zweites Zuhause. Vor der Promotion an der TU Berlin mit Siemens hat die Naturwissenschaftlerin an der TUM Mathematik mit Nebenfach IT studiert. Der Campus ist für sie also nicht neu. „Ich bin mir sicher“, sagt sie, „dass wir hier was Cooles zusammen entwickeln.“

Braun bearbeitet derzeit gleich mehrere Forschungsprojekte mit Partnern aus der Hochschule wie aus der Industrie. Die Teams haben alle einen Fokus: Wie lassen sich Produkte und Anlagen künftig noch effizienter und nachhaltiger entwickeln, herstellen und auch betreiben?

Produziert wird dann, wenn der Strom günstig ist

Beispiel Stromversorgung: Indem Unternehmen Spielräume nutzen und ihr Lastprofil anpassen, können sie dann produzieren, wenn der Strompreis am günstigsten und der Strommix am grünsten ist. „Wir entwickeln dazu Modelle und beziehen eine Fülle an Daten ein“, so Braun, „von den Preisen an der Strombörse bis zur Wettervorhersage.“ Das sei nicht nur für energieintensive Branchen relevant, sondern wegen der hohen Energiekosten für viele Betriebe.

Mathematische Methoden lassen sich noch auf vieles mehr anwenden. Etwa zum Energiemanagement von Gebäuden, einem klassischen Geschäftsfeld von Siemens. „Als Mathematikerin habe ich den Job, mit verschiedenen Algorithmen zu arbeiten, um komplexe Daten aufzubereiten und auszuwerten“, so Braun. „Ich kann mich hier austoben“, ergänzt sie fröhlich, „Zahlen und Algorithmen, das ist meine Welt.“ Und die hat scheinbar keine Grenzen.

Quantencomputing ist das nächste große Ding. „Das kann eine sehr disruptive Technologie werden“, sagt Braun. „Da wollen wir vorn dabei sein.“ Auch wenn beim Quantencomputing noch vieles Zukunftsmusik ist, beschäftigt sich Braun mit möglichen Anwendungsfällen. Die optimalen Routen für automatisierte Transportsysteme finden, perfekte Maschinenbelegungspläne erstellen – dafür könnte man die superschnellen Rechner künftig einsetzen.

Quantencomputer knacken komplexe Aufgaben

„Kombinatorische Optimierungsprobleme“ nennt Braun solche Tüftel-Aufgaben, für die man sich sehr viele Kombinationsmöglichkeiten anschauen muss. So was kann selbst ein „Mathe-Mind“ wie Braun nicht im Kopf ausrechnen. Gut, dass es da noch die Algorithmen gibt.

Friederike Storz
aktiv-Redakteurin

Friederike Storz berichtet für aktiv aus München über Unternehmen der bayerischen Metall- und Elektro-Industrie. Die ausgebildete Redakteurin hat nach dem Volontariat Wirtschaftsgeografie studiert und kam vom „Berliner Tagesspiegel“ und „Handelsblatt“ zu aktiv. Sie begeistert sich für Natur und Technik, Nachhaltigkeit sowie gesellschaftspolitische Themen. Privat liebt sie Veggie-Küche und Outdoor-Abenteuer in Bergstiefeln, Kletterschuhen oder auf Tourenski.

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