Das ist „nice“ – die neuen Mitarbeitenden des Technologiekonzerns Siemens sind süß und flauschig – und dazu noch umweltschonend und ökologisch verträglich. Die „SieSheep“, wie die Herde heißt, halten das Grün auf dem Firmengelände kurz. Rasenmäher sind damit am Standort Perlach im Münchner Süden erst mal Geschichte.

Wiese statt Schotterflächen. Insektenfreundliche Umgebung, Nistkästen: Auch am neuen Campus in Erlangen legt der Technologiekonzern besonderes Augenmerk auf biologische Vielfalt (Biodiversität). Der Campus ist der größte Siemens-Standort weltweit und komplett CO2-neutral.

Rund um viele Betriebe der bayerischen Metall- und Elektro-Industrie (M+E) krabbelt, blökt und summt es. Sie haben sich was einfallen lassen, gestalten Gelände naturnah um und schaffen so – wo es möglich ist – Lebensraum für Pflanzen und Tiere.

„Der Mensch ist Teil der Natur und von ihr abhängig“, betont das Bayerische Landesamt für Umwelt (LfU). „Durch den Fortschritt der Technik vergisst man das schnell.“ So ist etwa ein Viertel der heimischen Tierwelt, etwa 8.000 Arten, laut der „Roten Liste gefährdeter Arten“ inzwischen bedroht. Besonders Kriechtiere, Lurche und Schmetterlinge.

Mit dem Umwelt- und Klimapakt Bayern arbeiten Staatsregierung, die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) und Handwerk gemeinsam daran, den Umwelt- und Klimaschutz in Betrieben voranzubringen – über die gesetzlichen Vorgaben hinaus.

Auch Raumklima-Spezialist Wolf in Mainburg beteiligt sich an der Initiative. Seit 2019 beherbergt das Unternehmen unter anderem drei Bienenstöcke auf dem Betriebsgelände. Für Wildbienen wurde ein Insektenhotel aufgestellt. Die Beschäftigten gruben 12.000 Blumenzwiebeln ein. Die Belegschaft zieht mit, die Projekte entstanden alle auf Initiative der Mitarbeitenden.

Mehr Grün statt Grau, davon profitieren nicht zuletzt die Mitarbeiter selbst. Eine Trockenmauer ist nicht nur Unterschlupf für Käfer und Eidechsen, sondern auch ein sonniges Eckchen für die Mittagspause.

Vom Azubi bis zum Chef engagieren sich viele Mitarbeitende in Bayerns M+E-Industrie für Projekte, die der Natur zugutekommen. Dafür nehmen sie auch mal selbst die Schaufel in die Hand.

Ein Pate für das Abteilungsschaf

Beispiel HAWE Hydraulik. Dort ist man ebenfalls auf das Schaf gekommen und bewirtschaftet mit den tierischen Helfern die 3,5 Hektar große Grünfläche um das Werk Kaufbeuren. Die Beschäftigten können eines der 50 Tiere adoptieren und ihm einen Namen geben. „Alle Schafe haben innerhalb kurzer Zeit einen Paten gefunden“, freut sich Firmensprecherin Astrid Vosberg. Viele Abteilungen nennen sogar ein „Abteilungsschaf“ ihr Eigen.

Die Azubis helfen mit. Sie bauten inzwischen schon den zweiten Stall, schweißten, bohrten, setzten Nieten und lernten gemeinsam was dabei. Die Hydraulik besteht fast komplett aus HAWE-Komponenten. Per Handpumpe lassen sich zum Beispiel die Räder verstellen und der ganze Unterstand ein Stück versetzen.

Ein Herz für Tiere haben auch die Bayrischen Kabelwerke(bayka) im fränkischen Roth. Genauer gesagt für flatternde Gestalten: Fledermäuse! „Unser Firmengelände ist umrundet von altem Baumbestand sowie einem Teich“, sagt Marketingleiter Thomas Sorge. „Um das Gleichgewicht zwischen der Kabelproduktion und der Natur zu bewahren, achten wir darauf, die Baumbestände zu erhalten und die dort angesiedelten Tiere zu schützen.“ Mitarbeiter befestigten deshalb unter anderem Fledermauskästen am Dach. Aktion geglückt: Letztes Jahr zogen die tierischen Bewohner aus einem angrenzenden Abrissgebäude zur bayka um und haben dort jetzt ihren Unterschlupf.

Auch auf dem Werkgelände von Automobilhersteller BMW wird es grüner. 2020 erhielt im Werk 02.10 das erste Gebäude in Dingolfing ein Gründach. Zu den damals angesäten 4.000 Quadratmeter Dachbegrünung haben sich weitere hinzugesellt, Ende 2023 insgesamt 31.000 Quadratmeter – eine Fläche, so groß wie fünf Fußballfelder.

Jetzt krabbelt es auf dem grünen Dach

Die krautigen und blühenden Pflanzen bieten Nahrung und Unterschlupf für Insekten. Und sie sind gut für Menschen: Im Sommer erzeugt das grüne Dach einen Kühleffekt in den Hallen darunter, im Winter wirkt es wärmedämmend. Zudem ist es ein Rückhaltespeicher: Niederschlagswasser wird aufgenommen und verzögert abgegeben, so sind weniger Versickerungsanlagen auf dem Gelände nötig. Im Schnitt können die Gründächer laut Angaben von BMW 40 Liter Wasser pro Quadratmeter speichern.

Mit seinem Umweltprogramm „Mission:Zero“ engagiert sich Autobauer Audi ebenfalls für die Umwelt. „Wir sind uns der Verantwortung der Automobil-Industrie für den Erhalt der Biodiversität bewusst und unterstützen die Biodiversitätsziele der Vereinten Nationen“, so das Unternehmen.

Das gilt weltweit und am Stammsitz Ingolstadt. Dort engagiert sich der Nachwuchs für den regionalen Umweltschutz: Nah beim Werk entsteht das „AzuBioTop“ mit Streuobst- und Blumenwiesen sowie einem Habitat für Eidechsen. Die Gruppe aus rund 120 Azubis ist motiviert. „Es stärkt den Teamgeist ungemein, wenn man weiß, dass man Teil von etwas Großem ist und zum Umweltschutz beitragen kann“, sagt Christina Brunner, angehende Kauffrau für Büromanagement.

Beim Workshop Wildblumen gepflanzt

Andere Audianerinnen und Audianer folgten dem Beispiel und pflanzten bei einem Abteilungsworkshop Tausende Wildstauden auf dem Werkgelände. Insgesamt sollen dort bald 20.000 Quadratmeter blühen und gedeihen. Kleine Schritte, aber alle sind dabei.

Friederike Storz
aktiv-Redakteurin

Friederike Storz berichtet für aktiv aus München über Unternehmen der bayerischen Metall- und Elektro-Industrie. Die ausgebildete Redakteurin hat nach dem Volontariat Wirtschaftsgeografie studiert und kam vom „Berliner Tagesspiegel“ und „Handelsblatt“ zu aktiv. Sie begeistert sich für Natur und Technik, Nachhaltigkeit sowie gesellschaftspolitische Themen. Privat liebt sie Veggie-Küche und Outdoor-Abenteuer in Bergstiefeln, Kletterschuhen oder auf Tourenski.

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