Ottobrunn/München/Nürnberg. Viele Menschen besteigen ein Flugzeug mittlerweile mit einem unguten Gefühl. Nicht etwa, weil sie Flugangst haben. Sondern weil Fliegen als besonders klimaschädliche Art des Reisens gilt. Fliegen verursacht rund 3 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen. Es ist in einer globalisierten Welt jedoch unverzichtbar.

Aber auch Fliegen wird dank Innovationen klimafreundlicher – unter anderem mit effizienteren Triebwerken, leichteren Flugzeugen und synthetischem Kerosin. Dieses sogenannte „Sustainable Aviation Fuel“ (SAF) spielt eine große Rolle auf dem Weg zur Klimaneutralität. Dabei geht es um nachhaltig erzeugten Flugzeugkraftstoff, der schon heute herkömmlichem Treibstoff beigemischt werden kann und ihn perspektivisch sogar vollständig ersetzen könnte.

Auch Flughäfen nehmen ihre Verantwortung wahr. Der Airport München etwa hat sich zum Ziel gesetzt, 2030 CO2-neutral betrieben zu werden. Ein Teil der bis dahin nicht eingesparten CO2-Emissionen soll kompensiert werden. Spätestens 2050 sollen dann am Flughafen keine Emissionen mehr entstehen, etwa durch die Umstellung der Energieversorgung auf erneuerbare Energien soll das gelingen.

Zeitgleich suchen überall auf der Welt Ingenieure nach neuen Antriebslösungen, damit Passagiere mit einem guten Gefühl und klimaschonend abheben können. Auch in den Firmen der bayerischen Luft- und Raumfahrt-Industrie wird geforscht und entwickelt. Der Freistaat gehört weltweit zu den führenden und wichtigsten Regionen der Branche. Wir stellen die Bemühungen von drei wichtigen Luftfahrtunternehmen vor.

Airbus: Europas Flugzeugbauer setzt auf klimafreundlichere Jets

Airbus etwa, einer der weltweit führenden Flugzeugbauer, forscht aktuell unter anderem an zwei Wasserstoff-Optionen für den klimaschonenden Antrieb: dem Verbrennen von Wasserstoff in einer Gasturbine und dem Einsatz von Brennstoffzellen zur Umwandlung von Wasserstoff in elektrische Energie. Der Einsatz von Kerosin ist so nicht mehr nötig. Bei einem Antrieb via Brennstoffzelle und Elektromotor werden dann künftig nicht nur Kohlendioxide, sondern auch Stickoxide und Kondensationsstreifen beim Fliegen vermieden.

Die deutschen Airbus-Standorte, darunter Ottobrunn bei München, konzentrieren sich unter anderem auf die Entwicklung der Brennstoffzellen-Technologien. Investitionen in diesem wichtigen Bereich verschaffen Airbus Optionen für die Architektur des zukünftigen klimafreundlichen ZEROe-Flugzeugs, das sich der Konzern als Ziel gesetzt hat.

Entscheidend ist, wie schnell sich die Leistungsfähigkeit der Brennstoffzellen erhöhen lässt. Denn nur mit genug Power kann ein Flugzeug abheben. Um diesen Prozess zu beschleunigen, hat Airbus mit dem Automobilzulieferer ElringKlinger ein Gemeinschaftsunternehmen gegründet, das Brennstoffzellen zu einem leistungsfähigeren Modul zusammenfasst. In Ottobrunn erfolgen bereits die nächsten Tests. Im Systemhaus für elektrisches Fliegen werden sechs dieser Systeme zusammengeschaltet, um in die Megawatt-Klasse vorzudringen. Vorgesehen ist, dass ein Triebwerk eine Leistung von 2,5 Megawatt bringt.

MTU: Münchner Hersteller arbeitet am Antrieb mit Brennstoffzelle

Auch beim Münchner Triebwerkhersteller MTU Aero Engines beschränkt man sich nicht auf die Entwicklung noch effizienterer Triebwerke. Fürs Fliegen der Zukunft spielt auch hier die Brennstoffzelle eine große Rolle. „Unter anderem treiben wir eine vollständige Elektrifizierung des Antriebsstrangs voran“, erklärt Lars Wagner, Vorstandsvorsitzender der MTU. „Hier hat für uns die Wandlung von flüssigem Wasserstoff in Strom mithilfe einer Brennstoffzelle das größte Potenzial.“

Aktuell arbeiten in München rund 100 Fachleute an einem neuen Antriebskonzept, der sogenannten „Flying Fuel Cell“ (FFC). Ein Entwicklungspartner ist das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Eine Brennstoffzelle wandelt dabei flüssigen Wasserstoff in elektrische Energie um, mit der ein Elektromotor einen Propeller antreibt. Die Vorteile: Brennstoffzellen zeichnen sich durch einen hohen Wirkungsgrad aus. Zudem werden weder CO2 noch Stickoxide oder Partikel ausgestoßen. Emittiert wird lediglich Wasser. Die Klimawirkung sinkt damit laut MTU deutlich – um bis zu 95 Prozent.

Zum Einsatz kommen soll die MTU-Brennstoffzelle zunächst auf kürzeren Strecken im Zubringer- und im Regionalflugzeugbereich. 2035 soll sie auf den Markt kommen, ab 2050 mit verbesserter Effizienz auch auf der Kurz- und Mittelstrecke eingesetzt werden.

Diehl Aviation: Zulieferer entwickelt Steuerungsgeräte für elektrische Flug-Taxis

Aber es gibt auch neue Antriebskonzepte, die auf die Batterie als Stromquelle setzen. Der Luftfahrtzulieferer Diehl Aviation in Nürnberg entwickelt für den Luftfahrzeughersteller Volocopter Steuerungsgeräte für dessen Flug-Taxis. Diese im Fachjargon „eVTOL“ genannten Klein-Luftfahrzeuge werden elektrisch angetrieben und starten senkrecht. In wenigen Jahren sollen sie in kurzen Flügen innerhalb von Städten und Ballungsräumen eingesetzt werden. Auch zahlreiche andere Hersteller stecken gerade in der Entwicklung solcher Maschinen, auch Airbus.

„Senkrechtes Starten mit mehreren Propellern stellt hohe Anforderungen an das Steuerungsgerät“, sagt Marc Häming, der bei Diehl die Entwicklung und Vermarktung von Innovationen betreut. Allerdings sei die Thematik für Diehl kein völliges Neuland. Steuerungsgeräte für aktuelle Fliegergenerationen gehören zum klassischen Geschäft von Diehl.

Ein weiteres wichtiges Feld fürs nachhaltigere Fliegen bearbeitet Diehl in seinem Geschäftsbereich, der sich um das Innenleben des Flugzeugs dreht. Während des gesamten Lebenszyklus eines Fliegers entfallen auf die Kabine und ihren Betrieb zwischen 10 und 20 Prozent der gesamten Umweltauswirkungen, schätzen Experten. Allein die Innenausstattung macht bis zu 15 Prozent des Leergewichts eines Flugzeugs aus und wird im Laufe der Flugzeuglebensdauer mehrfach erneuert. Mit Innovationen lässt sich hier also immer wieder neu Gewicht sparen.

Unter anderem geht es da um den Einsatz neuer Materialien. Sie sollen nachhaltiger in der Produktion und leichter sein. Zugleich haben sie aber auch wichtige Anforderungen zu erfüllen, etwa was den Brandschutz angeht. Das sei immer ein Spagat, ein Abwägen.

Allerdings gibt es auch einfache Wege, mit denen man Gewicht sparen kann. Man muss nur darauf kommen. So hat Diehl Aviation ein System entwickelt, mit dem gebrauchtes Wasser aus dem Handwaschbecken für die Spülung der Flugzeugtoilette verwendet wird. Da rund ein Viertel des Frischwassers, das ein Flugzeug beim Start an Bord hat, für die Toilette bestimmt ist, hilft auch das ein wenig weiter. Diehl spricht von im Schnitt 90 Tonnen an CO2-Einsparung pro Flugzeug und Jahr.

Michael Stark
aktiv-Redakteur

Michael Stark schreibt aus der Münchner aktiv-Redaktion vor allem über Betriebe und Themen der bayerischen Metall- und Elektro-Industrie. Darüber hinaus beschäftigt sich der Volkswirt immer wieder mit wirtschafts- und sozialpolitischen Fragen. Das journalistische Handwerk lernte der gebürtige Hesse als Volontär bei der Mediengruppe Münchner Merkur/tz. An Wochenenden trifft man den Wahl-Landshuter regelmäßig im Eisstadion.

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